DFB-Fitnesscoach verrät die Trainingstipps des Weltmeisters

Nach einer langen Saison müssen die DFB-Kicker ab dem 12. Juni bei der EM wieder Vollgas geben. Wie überstehen die Stars diese ständige körperliche Belastung, wie bereiten sie sich auf solch ein Turnier vor? Im McFIT-Interview spricht Benjamin Kugel, der Fitnesstrainer der deutschen Nationalmannschaft, über Intervalltraining, Medizinbälle, Muskelaufbau und Maximalkraft.

Benjamin, welche Erinnerung hast du an den 13. Juli 2014?

Na ja, für uns alle war das WM-Finale ein überragendes Erlebnis. Der ganze Tag, dieser Moment des Abpfiffs, krönte eine schöne Zeit, die wir zuvor miteinander verbracht hatten. Die Spieler haben sich diesen Moment erarbeitet und wir als ‚Team hinter dem Team‘ konnten einen Teil dazu beitragen.

Statistisch sind die Deutschen im Kollektiv am meisten gelaufen, als Einzelspieler keiner mehr als Thomas Müller. Klopft man sich da als Fitnesstrainer auch auf die eigene Schulter?

Ich sehe darin einen Beleg für die gute Arbeit des gesamten Teams. Um solche Ergebnisse zu erzielen, muss die Kommunikation vom Trainer zur medizinischen Abteilung und zu den Fitnesstrainern stimmen. Ein Beleg dafür, dass sich die Spieler der gemeinsamen Sache mit Haut und Haaren verpflichtet haben. Unter dem Strich sind solche Ergebnisse ein Beleg für einen guten Plan und eine gute Umsetzung.

Trainiert der Weltmeister nun anders als vor dem Titelgewinn?

Wir haben analysiert, was wir richtig gemacht haben und versuchen, immer noch besser zu werden. Nicht nur 2014, auch in den Wettbewerben davor, ging die Mannschaft sehr fit ins Turnier. Wie wir an so ein Turnier herangehen müssen, wie die Periodisierung sein muss, davon haben wir schon eine ziemlich genaue Vorstellung.

Zum Training: Früher stand der Medizinball im Fokus, heute arbeitet ihr mit TRX, Ropes und bietet sogar Yoga für die Spieler an. Warum hat sich das Fitnesstraining im Fußball so gewandelt?

Zunächst einmal bin ich nach wie vor ein großer Freund solcher Klassiker wie Klimmzüge, Liegestütze oder der Arbeit mit Medizinbällen. Abgesehen davon ist der Sport komplexer geworden und somit auch das Training spezieller. Ein umfang- und facettenreiches Fitnesstraining ist aus dem Fußball nicht mehr wegzudenken. Athletik, Fitness und Prävention sind wichtig für die Leistungsfähigkeit eines Profifußballers. Da ist längst eine Kultur entstanden. Vor einem Training im Fitnesszelt liegen da 20 oder 24 Jungs und machen ihre Übungen, ohne dass wir Fitnesstrainer es überhaupt steuern müssen. Und wenn ich dann zuschaue, freue ich mich jedes Mal: Die Bewegungsqualität ist top. Der nicht komplett austrainierte Profi gehört der Vergangenheit an.

Wie müssen wir uns das Krafttraining vorstellen?

Kraft ist der Garant für schnelle Richtungswechsel oder Explosivität. Sie ist auch wichtig, um sich in Zweikämpfen durchzusetzen. Darum steht auch regelmäßig ein Kraftzirkel für alle Spieler auf dem Programm. Wir achten dabei auf funktionelle Übungen, die gleich mehrere Muskelgruppen auf einmal ansprechen. Zudem haben die Nationalspieler individuelle Kraftpläne, auf deren Basis an den jeweiligen Schwächen gearbeitet wird.

Ihr arbeitet meist mit einer geringen Wiederholungszahl, die in erster Linie die Maximalkraft trainiert. Warum?

Wir wollen einen hohen Maximalkraftwert, da dieser letztendlich auch die Schnelligkeit der Spieler beeinflusst. Somit sind unsere Übungen hochintensiv, umfassen aber eben nur drei bis fünf Wiederholungen.

Stichwort Regeneration: Wie läuft die im Optimalfall ab?

Ein wichtiges Thema während eines Turniers. Unmittelbar nach dem Spiel bekommen die Jungs einen Shake, der die Kohlenhydratspeicher wieder auffüllt. Dann geht es ins Kaltwasserbecken und anschließend zum Essen. Die beste Regeneration ist der Schlaf. Am nächsten Tag stehen dann noch Wechselbäder, Spinning, Stretching, Yoga und Korrektivübungen mit den Spielern auf dem Plan.

Was ist aus deiner Sicht der aktuelle Trend beim Fitnesstraining?

So neu ist das nicht, aber es geht verstärkt um Bewegungsqualität statt Bewegungsquantität. Diese Gewichtung ist immer mehr in den Mittelpunkt unserer Arbeit gerückt. Beweglichkeit hat eine größere Bedeutung. Einige Spieler beschäftigen sich mit Yoga oder einem anderen speziellen Beweglichkeitstraining, weil sie feststellen, dass es sie mobiler auf dem Platz macht und der Prävention von Verletzungen dient.

Abschließend: Wie schwer ist es nach einer langen Saison jetzt in eine Europameisterschaft zu gehen?

Ganz ohne Frage ist es für jeden Spieler physisch wie auch mental, eine Herausforderung. Das ist aber auch der Alltag im Profifußball. Die Nationalspieler stehen bei den Topklubs des Weltfußballs unter Vertrag. Sie kennen diesen Rhythmus. Sie wissen sehr genau, was sie für eine wirksame Regeneration machen müssen. Und die ganz Jungen haben noch so unglaublich viel Power, die packen das.

Wie du deinen Körper perfekt auf die Belastungen eines Fußballspiels vorbereitest, erfährst du hier.

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